Erst CIO, dann Berater…
CIO / CDO

Serie: Erst CIO, dann Berater…

Teil 4: Woran man auch denken muss…

Die ACENT-Blog-Reihe „Erst CIO, dann Berater…“ umfasst bereits drei Beiträge, in denen sachlich/fachlich wesentliche Aspekte eines solchen „Schwenks“ im Lebenslauf wohlstrukturiert präsentiert werden. Teil Vier der Serie gerät da in Gefahr, in die Kategorie zu fallen „es ist zwar schon alles gesagt, aber noch nicht von mir“.

Dieser Gefahr möchte ich entgehen, indem ich einige Punkte adressiere, die sich für mich als relevant herausgestellt haben. Sie mögen jedem helfen, der derzeit als CIO tätig ist und überlegt, den Weg in die Beratung einzuschlagen. Ich berichte an dieser Stelle von meinen persönlichen Erfahrungen (daher auch die Ich-Form). Zwei Hinweise am Rande: erstens, dieser Beitrag stellt in keiner Weise Rechts- oder Steuerberatung dar! Und zweitens: ich denke auch immer an die geneigte Leserin dieses Blogs – die Nutzung nur der maskulinen Form an diversen Textstellen dient lediglich der Einfachheit.

Punkt 1: Die erste Frage

beim Wechsel aus einer CIO-Position zum Beraterdasein ist natürlich, ob man als Michael Mustermann Global Consulting seinen Weg in die Selbständigkeit wählt oder bei einer Beratung „unterkommt“. Im ersten Fall wird man seine Kontakte „abarbeiten“ oder auf geeigneten Portalen für Freelancer Ausschau nach Projekten halten. Im zweiten Fall dürfte die Fremdbestimmung durch einen Arbeitgeber nicht viel geringer sein als zu CIO-Zeiten. Es gibt auch wunderbare Konzepte zwischen diesen beiden Polen, in denen der Berater fachlich eher selbständig agiert, aber nicht allein auf weiter Flur alle Aspekte des Beraterdaseins abdecken muss.

Punkt 2: Umsatzsteuer

Der frischgebackene Berater kann sich dem Thema Vorsteuer/Umsatzsteuer entziehen, wenn er von geringem Umsatz ausgeht und als „Kleinunternehmer“ agiert. Dies ist mit der Gefahr verbunden, nach kurzer Zeit aus der Umsatzgröße herauszuwachsen; man liest von Fällen, in denen sich der Fiskus dann nachträglich 19 % des Rechnungsbetrags des Selbständigen geholt hat. Der buchhalterische Mehraufwand, es gleich „richtig“ anzugehen, ist überschaubar – die entsprechenden Formulare des Fiskus und das entsprechende Portal (www.elster.de) sind gut beschrieben sowie einfach zu handhaben.

Punkt 3: CIOs haben Dienstwagen

Sie versteuern das berühmte 1 % des Listenneupreises im Monat für Privatnutzung – mit mathematischen Grund­kenntnissen kann man errechnen, dass so 12 % im Jahr zu versteuern sind. Die alternative Nutzung eines Fahrtenbuchs rechnet sich in der Regel nur bei recht geringem Anteil von Privat-Kilometern. Hinzu kommt die Versteuerung der Kilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie ggf. wöchentlicher Heimfahrten. Aus den Tiefen des Steuerrechts: ein Selbständiger, der eine Zweitwohnung am Arbeitsort unterhält, versteuert die Heimfahrten, während ein Angestellter mit Zweitwohnung seine Heimfahrten nicht versteuert – der Bundesfinanzhof höchstselbst hat diese Regelung bestätigt.

Der frisch gebackene Berater, der sich aus seiner Schatztruhe oder seiner Abfindung bedient, um ein adäquates Fahrzeug zu erwerben bzw. zu leasen, möge bedenken: wird das Fahrzeug zu weniger als 10 % dienstlich genutzt, gehört es in das Privatvermögen. Zwischen 10 % und 50 % besteht Wahlfreiheit, ab 50 % dienstlicher Nutzung muss das Fahrzeug in das Betriebsvermögen genommen werden. Wer sein neues Gefährt erst einmal ein paar Monate privat fährt und es anschließend in das Betriebsvermögen überführt, kann die Vorsteuer nicht mehr geltend machen – und das ist nicht nur beim 5er eine nicht geringe Summe.

Punkt 4: Scheinselbständigkeit

Ein herrlicher Punkt, sich verrückt zu machen. Hinter dem Stichwort steht die segensreiche Idee der Politik, möglichst viele Menschen in eine adäquate Altersversorgung zu bekommen. Die Politik zielt sowohl auf den aus Südosteuropa stammenden selbständigen Sub-sub-sub-Unternehmer, der Hähnchen zerteilt oder Pakete ausfährt, als auch auf den Freelancer, der nicht im Alter von 50+ merken soll, dass er auf Altersarmut zurast. Ex-CIOs, die als Berater selbständig sind, werden in das Thema hineingezogen. Inhaltliche Beschäftigung mit dem Thema kann sogar kontraproduktiv sein, wenn im Falle eines Audits festgestellt wird, dass das Thema bekannt war, aber zur Seite geschoben wurde. Schon reden wir von bedingtem Vorsatz, und dann werden Beiträge für 30 Jahre nacherhoben.

Punkt 5: Fachliche Ausrichtung

Der CIO kann und weiß alles, deshalb ist er ja CIO. Der Berater wird zwar einen guten Teil seines allgemeinen Weltwissens und seines allgemeinen IT-Wissens in die Beratung hinüberretten; er wird sich aber fachlich fokussieren müssen. Mit Wissen, dass beim potenziellen Kunden ohnehin vorhanden ist, wird man nur fehlende Kapazitäten ausgleichen können. Um dem Kunden zu helfen, ein Thema voranzutreiben, sollte der Berater in seinem Gebiet – man verzeihe mir die Arroganz – noch besser sein als seine Mitstreiter beim Kunden.

Punkt 6: Familie

Last but certainly not least: die Familie muss mitspielen. Wenn das eine oder andere hungrige Mäulchen zu stopfen ist – und sei es das eigene – muss die Familie des Beraters Auswirkungen der neuen Tätigkeit in Kauf nehmen. Der Geldfluss ist nicht mehr so stetig wie vorher. Reisetätigkeiten werden in der Regel erheblich zunehmen. Die Urlaubs- und Saisonplanung ist mit mehr Unsicherheiten verbunden. Die Freiheit, den beruflichen Kalender zu gestalten, ist zwar verlockend, Projekte hingegen haben aber durchaus die Eigenschaft, eine gewisse Eigendynamik zu entwickeln. Der Berater wird im Zweifel seinen Projekten zeitliche Priorität vor dem privaten Umfeld einräumen.

Ergo

Wie immer im Leben gibt es Argumente für und gegen jeden der möglichen Wege. Ich stehe gerne für Telefonate oder E-Mail-Kommunikation zum Thema zur Verfügung.

Fragen, Feedback und Kommentare zu diesem Beitrag senden Sie bitte an m.regauer@acent.de

Michael Regauer | 13.03.2020

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